Hallo, ich bin Corinna!

Schon als Kleinkind bin ich aus meinem Kinderwagen geklettert, wenn ich ein Pferd gesehen habe. Da meine Schwester ein Pony hatte, durfte ich schon auf dem Pony sitzen, bevor ich laufen konnte. Mit 4 Jahren suchte ich mir dann mein erstes Pony selber aus: Zottel war ein 5-jähriges Minishetlandpony, 86 cm hoch und gescheckt – er war zu jung, zu frech und zu teuer, eigentlich. Aber ich wollte ihn unbedingt und mein Dickkopf hat mir dann eben so einige blaue Flecken beschert.

Ein Pferd, das mein Leben sehr nachhaltig prägen sollte, hieß Latina Beauty. Die sensible Stute musste mit 13 Jahren eingeschläfert werden. Denn trotz aller schulmedizinischen Therapien, Spezialbeschlag und allen mir damals möglichen Anpassungen konnte sie nicht mehr schmerzfrei über die Wiese laufen. Das Minimum, was ein Pferd können muss! Doch Arthrosen haben irgendwann die Angewohnheit, IMMER weh zu tun und diese Schmerzen sollte kein Pferd haben.

Doch die Frage begann mich schon damals zu beschäftigen: Wäre es möglich gewesen, sie zu retten? Und genau diese Frage sollte alle meine kommenden Jahre und meinen beruflichen Werdegang massiv beeinflussen.

Sportliche Ambitionen

Erste Turniererfahrungen sammelte ich mit 4 Jahren und Shetlandpony „Zottel“  in der Führzügelklasse  – und immer landeten wir auf dem 2. Platz, Für mich war das damals immer ein Weltuntergang, als wieder ein anderes Mädchen mit größerem Pony den Pokal gewann. Doch Turniere waren zum Glück nicht alles – ich verbrachte quasi meine gesamte Kindheit draußen, bei meinen Tieren und auf dem Rücken eines Ponys. Sie waren meine besten Freunde, Familienmitglieder, Sportpartner, Erzieher und Berater.

Pferde faszinierten mich gerade auch wegen ihrer Leistungsfähigkeit, ihrer Bewegungskraft und Energie. Dass sie durch Training schöner und gesünder werden konnten, erkannte ich schon früh und das förderte meinen sportlichen Ehrgeiz.

Mit 15 Jahren bekam ich dann mein erstes Großpferd, welches bis heute meinen Weg so nachhaltig geprägt hat: Latina Beauty war eine kleine, braune und wunderschöne, blutgeprägte westfälische Warmblutstute die ich 3-jährig bekam und die ich selber ausbildete. Damals ließ ich eine klinische AKU machen, bei der alles in Ordnung war. Auf die Frage, ob die bodenenge Stellung der beiden Vorderbeine problematisch wäre, sagte die Tierärztin zu mir nur, dass solche Pferde im „normalen Dressur und Springsport“ keine Probleme bekommen. Auch die beiden Überbeine an den Griffelbeinen wären kein Problem. Ein ordentlicher Beschlag sollte eine Verschlechterung der Gliedmaßenstellung verhindern.

Beany

Also zog „Latina Beauty“ oder kurz „Beany“ bei uns ein und lebte im Paradies: Sie bewohnte eine 4x5m große Box mit Paddock und kam täglich nach draußen. Sie war sehr dominant anderen Pferden und auch Menschen gegenüber, mochte keine Hunde und Katzen, erfüllte jedes Klischee über Vollblutpferde und Stuten – ein richtiges „Einzelprinzessinnenpferd“. Sie war sehr schlau und wenig schreckhaft.

Ich habe sie damals in aller Ruhe im Rahmen von Bodenarbeit vorbereitet und dann eingeritten. Beany hatte von Anfang an ein sehr gutes Gleichgewicht, sprang immer im richtigen Galopp an und reagierte sehr sensibel. Es war schon ein besonderer Moment, als ich  das erste Mal  auf ihrem Rücken saß. Alles klappte problemlos, ohne auch nur einmal zu buckeln.

Nach einiger Zeit fing sie allerdings an zu „klemmen“, ca. 10 min nachdem wir gearbeitet haben. Die Reitlehrerin meinte, Beany bräuchte eine Pause und Zeit zum Wachsen. ich gab ihr diesen Break natürlich. Bis zum Frühjahr stand sie nochmal auf der Wiese. Als ich dann wieder anfing zu reiten, wurde das Ganze jedoch immer schlimmer – meine Stute stemmte die Beine in den Boden und war manchmal nicht vom Fleck zu bewegen.

Heute weiß ich: es war eine vermeintliche Kleinigkeit, die diese Stute hat ihre Beine in den Boden stemmen lassen: Der Sattel! Es klingt so banal, aber ein Sattel muss auf das Pferd passen. Im Stand wie in der Bewegung. Früher habe ich mir ganz ehrlich keine Gedanken darüber gemacht. Es war normal, seinen Sattel im Laden auf einem Bock auszuprobieren und ihn zu kaufen, wenn man gut sitzen konnte. Beany ging keinen Meter mehr, wenn der Sattel drückte! Kluge Stute.

Und ich begann, generell sorgsamer hinzuschauen.

Ein Pferd auf meiner Seite

Ich fing an, bücherweise Reitlehre zu verschlingen. Ich wollte wissen was, wie und warum was (nicht) funktioniert. Ich bekam ein erstes Grundverständnis für Reitlehre, Ideen wie Pferd und Reiter miteinander kommunizieren und wie Ausbildungswege aufeinander aufbauen.    

Die Arbeit mit Beany war ein ständiges auf und ab: an einem Tag lief sie wie ein Schweizer Uhrwerk, am nächsten war alles schwierig. Trotzdem ging es irgendwie voran, aber zwischendurch wurde es gefährlich. Wenn sie etwas nicht wollte, stieg und bockte sie los, oder stemmte die Beine in den Boden. Gleichfalls wurde sie zunehmend muskulöser und war erst spät ausgewachsen. Doch ihre Fehlstellung wurde dadurch ebenfalls deutlich ausgeprägter.

Beany wurde langsam erwachsen. Das merkte man auch an ihrem Verhalten. Sie wurde ein wenig ruhiger, umgänglicher und machte besser mit. Außerdem hatte ich sie langsam auf meine Seite gezogen, denn sie arbeitete mit mir und kämpfte machmal auch auf dem Turnier richtig für mich!

Im September 2009 begann ich an der Szent István Universität in Budapest Tiermedizin zu studieren. Ausgerechnet zu dieser Zeit hatte Beany ihre erste Hufgelenksentzündung am rechten Vorderbein.

Kein Happy End

Nach Behandlung und Pause war Beany im Frühjahr 2010 wieder fit.  In den Semesterferien 2010 ging sie dann ihre letzten 3 Turniere. In Münster-Roxel starteten wir in unserer ersten M – Dressur. In Greven ging sie ihre wohl beste L-Dressur auf Kandare ihres Lebens.

Doch Anfang 2011 war Beany wieder lahm – auf beiden Vorderbeinen. Sie hatte eine Hufgelenksentzündung und Krongelenksentzündung an beiden Vorderbeinen, sowie schon einige Arthrosen gebildet. Die Prognose war schlecht, der Tierarzt hätte sie nach eigenen Aussagen schon eingeschläfert. Nachdem alle Gelenke drei Mal behandelt wurden, war Beany wieder lahmfrei und Rentnerin – belastbar waren ihre Beine nicht mehr.

Das Leben als Rentnerin gefiel der Stute aber absolut nicht. Im Kopf war sie immer eine Hochleistungssportlerin gewesen, nur zufrieden, wenn sie viel laufen durfte. Doch dazu waren ihre Beine nicht mehr in der Lage. Ungestümes Toben auf der Wiese führe dann im weiteren Verlauf zu einer Aktivierung der Arthrose, die am Ende nicht mehr weiter zu behandeln war. Ich musste sie mit nur 13 Jahren gehen lassen.

Beany’s Lehre

Schon vor dem Studium lernte ich eine Kollegin kennen, die chiropraktisch arbeitete. Es faszinierte mich wahnsinnig, wie die Pferde nach einer Behandlung plötzlich besser gehen konnten. Entsprechend war für mich klar, dass nach dem Studium eine Weiterbildung in diese Fachrichtung anstand.

Denn das im Studium vermittelte Grundwissen reichte mir nicht. Ich wollte nicht einfach nur wissen wie der Körper funktioniert und wie ich etwas behandeln kann. Sondern war vor allem auch interessiert mehr über Prophylaxe und Prävention zu erfahren:

  • Warum bekommt ein Pferd einen Fesselträgerschaden und das andere nicht?
  • Warum gehen bei dem einen Pferd immer wieder dieselben Strukturen kaputt?
  • Warum hat ein Pferd Probleme mit dem Rücken und ein anderes Probleme mit den Sehnen?

Ich lerne weiter, fasziniert vom „mehr wissen“ und „immer tiefer eintauchen“ und bin dankbar, wie viele Pferde ich bereits auf ihren ganz individuellen Weg begleiten durfte.